Höhere Mathematik

Ein rundum schlaues Konzert von Pantha du Prince im Berghain

Der Tagesspiegel, 30. April 2011

House mit Blasinstrumenten? Das Hamburger Duo "Die Vögel" stellt sich mit Trompeten, Flöten und Tuba hinter den Laptop und verleiht dem Konzertabend im Berghain eine Festzelt-Färbung. Ein Gag, der schnell verpufft. Die Arrangements sind rein additiv gedacht, die Instrumente illustrieren nur die Musik, die allein gut genug funktioniert.

Mit komplexerer Mathematik rechnet Hauptact Hendrik Weber alias Pantha du Prince, der neulich für seinen eleganten Schneekugel-Elektro den Echo-Kritikerpreis bekommen hat. Bevor der warme Beat einsetzt, fegt minutenlang nur Rauschen durch den Raum, als kehre Weber Kristalle zu immer neuen Formen. Eine Wahrnehmungsübung wie die Musik, die so viel Platz für Details und Dynamik lässt wie Klassikproduktionen. Im Berghain erhalten die filigranen Beats einen breiteren Bass. Zum Ausgleich spielt Weber die fantastische "Funktion One"-Anlage aus, um den Raum zu weiten. Es knackt und knistert aus den Ecken wie Schritte im Tiefschnee, zerstäubte Handclaps streichen um die Ohren.

Letztes Jahr im HAU stellte sich Weber eine Staffelei mit romantischem Berggemälde zur Seite, über das langsam ein Kameraroboter wanderte, um vergrößerte Ausschnitte auf eine Leinwand zu werfen. Diesmal verwandelt ein rotierender Ventilator den Raum in ein abstraktes Schattentheater, eine Hommage an den historischen "Licht-Raum-Modulator" von László Moholy-Nagy. Die Maschine rückt den Fokus vom Performer, mechanische und biologische Aktivität reflektieren und relativieren sich wechselseitig. Mit minimalen Variationen führt Weber durch zwei gespannte Stunden, das Publikum begrüßt raunend und jubelnd die Motive, bis zum ausgedehnten Finale mit der Single "Stick To My Side".

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für kunstkritik 2012

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der Akademie der Künste 2018